1960 bis 1969

‘60

Zu Beginn der 1960er Jahre ist die frühere Vormachtstellung des Abbauhammers in der Steinkohlengewinnung endgültig gebrochen. 1965 ist der Abbauhammer im Saarrevier bereits verschwunden, während der Gewinnungsanteil durch den Abbauhammer im Ruhrrevier Mitte der 1960er Jahre aufgrund des dort größeren Anteils an stark geneigten Flözen noch bei rund 20 Prozent liegt. Insgesamt liegt der Anteil der vollmechanischen Gewinnung im Ruhrbergbau 1960 bei rund 40 Prozent, 1970 sind dann bereits 92 Prozent der Gewinnung vollmechanisiert

1960
Technik

Ablösung des Abbauhammers und zunehmende Vollmechanisierung

Vordringen der hydraulischen Einzelstempel im Ausbau: diese ermöglichen eine bessere Beherrschung des Hangenden, Längenveränderungen der Stempel unter Verzicht auf Muskelkraft sowie das Hantieren mit schweren Ausbauteilen

1960
Technik

Vordringen der hydraulischen Einzelstempel

Einführung von Kopflampen statt der althergebrachten Handlampen

1960
Technik

Einführung von Kopflampen

1961
Technik

Entwicklung des Doppelwalzen-Schrämladers

In Dortmund gründet sich die „Dortmunder Gruppe 61“, deren Mitglieder (Schriftsteller, Journalisten, Kritiker und Wissenschaftler) sich literarisch-künstlerisch mit der industriellen Arbeitswelt auseinandersetzen und diese dadurch als neues Thema für die Literatur erschließen. Zu den Gründern der „Dortmunder Gruppe 61“ gehören u.a. der Büchereidirektor Fritz Hüser, der Bergmann und Schriftsteller Max von der Grün sowie der Bildungssekretär der IGBE Walter Köpping

1961
Kultur

Dortmunder Gruppe 61

Erster versuchsweiser Einsatz der Wohlmeyer-Streckenvortriebsmaschine für weiches und mittelfestes Gestein im Verbundbergwerk Bergmannsglück/ Westerholt; in acht Monaten gelingt eine Auffahrung von 182 Metern

1962
Technik

Entwicklung von Vollschnittmaschinen und erster Einsatz der Wohlmeyer-Streckenvortriebsmaschine

Unter dem Eindruck der großen Bergwerkskatastrophe auf der Zeche Luisenthal im Saarland am 7. Februar 1962, bei der 299 Bergleute ums Leben kommen, beschließt der Vorstand der IGBE in einer Sondersitzung die Gründung der August-Schmidt-Stiftung, um Waisen tödlich verunglückter Bergarbeiter während ihrer Ausbildung finanziell zu unterstützen

1962
Soziales

Gründung der August-Schmidt-Stiftung

In ihrer energiewirtschaftlichen Erklärung vom 16. Mai 1962 gibt die Bundesregierung die Zusage für eine Jahresfördergarantie für die deutsche Steinkohle in Höhe von 140 Millionen Tonnen. Doch bereits im November 1965 erfolgt eine offizielle Rücknahme der Fördergarantie durch das Bundeswirtschaftsministerium, so dass es von nun an darum geht, den Rückzug aus der deutschen Steinkohlenförderung in geordnete Bahnen zu leiten bzw. den Schrumpfungsprozess zu organisieren

1962
Politik/Wirtschaft

Jahresfördergarantie über 140 Millionen Tonnen Steinkohle

Seit 1963 kommt der Continuous Miner, der bereits 1954 von der Niederrheinischen Bergwerks AG versuchsweise zum Auffahren von Flöz- und Rückbaustrecken eingesetzt worden war, im Rahmen des mechanisierten Streckenvortriebs verstärkt zum Einsatz

1963
Technik

Verstärkter Einsatz des Continuous Miner

Mit dem Ziel, unrentable Zechen im Ruhrbergbau stillzulegen und Mittel bereitzustellen, um den Absatz der verbleibenden Förderung zu sichern, wird im Juli 1963 der "Rationalisierungsverband des Steinkohlenbergbaus" gegründet. Im September 1963 tritt zudem das "Gesetz zur Förderung der Rationalisierung im Steinkohlenbergbau" in Kraft, das den Rationalisierungsverband in die Lage versetzt, Stilllegungsprämien zu vergeben

1963
Politik/Wirtschaft

Zunehmende Rationalisierung

Herabsetzung des Rentenalters in der Knappschaftsrentenversicherung von 60 auf 55 Jahre – Bedingung: 25 Jahre Knappschaftsversicherung, und davon 15 Jahre Tätigkeit als Hauer

1963
Soziales

Herabsetzung des Rentenalters

Am 16. Dezember 1963 tritt das von Bundespräsident Heinrich Lübke und Südkoreas Präsident Park Chung-hee ausgehandelte "Programm zur vorübergehenden Beschäftigung von koreanischen Bergarbeitern im westdeutschen Steinkohlenbergbau" in Kraft, dem sich eine weitere Vereinbarung für Krankenschwestern anschließt. In Folge des Anwerbeabkommens kommen zwischen 1963 und 1977 etwa 8.000 koreanische Bergarbeiter sowie 10.000 Krankenschwestern nach Deutschland

1963
Politik/Wirtschaft

Beschäftigung koreanischer Bergarbeiter

Um nachteilige Auswirkungen aus der Stilllegung von Zechen für die Wasserhaltung der im Vertragsgebiet gelegenen Steinkohlenbergwerke nach Möglichkeit abzuwenden bzw. Zusatzbelastungen auszugleichen, tritt im Frühjahr 1964 nach vorherigen Verhandlungen unter Federführung des Unternehmensverbandes Ruhrbergbau die „Pumpgemeinschaft Ruhr“ als Gemeinschaftsgründung der im Ruhrgebiet bergbautreibenden Gesellschaften in Aktion

1964
Politik/Wirtschaft

Gründung der "Pumpgemeinschaft Ruhr"

Verbot von Benzinlampen als Wetterlampen und Einsatz von Methan-Handmessgeräten zur Feststellung des Methangehaltes im Wetterstrom

1965
Technik

Verbot von Benzinlampen

Am 11. Juni 1965 erfolgt die Eröffnung des Hauses der Ruhrfestspiele zu Beginn der XIX. Ruhrfestspiele (11. Juni - 23. Juli 1965) durch Bundespräsident Heinrich Lübke

1965
Kultur

Eröffnung des Hauses der Ruhrfestspiele

Mit dem "Gesetz zur Förderung der Verwendung von Steinkohle in Kraftwerken" vom 12. August 1965 wird von Seiten des Bundes ein Baustein gesetzt, um den deutschen Energiemarkt vor einer Abhängigkeit vom Weltmarkt zu schützen und zugleich für eine künftige Planungssicherheit im deutschen Steinkohlenbergbau zu sorgen. Bereits im September 1966 folgt ein zweites, im Dezember 1974 ein drittes Verstromungsgesetz. Nachfolgend bilden die Verstromungsgesetze die gesetzliche Grundlage für den sogenannten Jahrhundertvertrag von 1980 und die Einführung des sogenannten Kohlepfennigs

1965
Politik/Wirtschaft

Erstes Verstromungsgesetz

Im November 1965 – zwei Monate nach der Bundestagswahl – erfolgt seitens der Bundesregierung die offizielle Rücknahme der erst 1962 vom Bundeswirtschaftsministerium gegebenen Fördergarantie über 140 Millionen Tonnen Steinkohle pro Jahr. Dem Bergbau verbleibt die Aufgabe zur Anpassung der Förderung an die vorhandenen Absatzmöglichkeiten

1965
Politik/Wirtschaft

Rücknahme der Fördergarantie

Mit "Tobias" von der Recklinghäuser Zeche General Blumenthal und "Seppel" von der Bochumer Zeche Lothringen verlassen im Juni bzw. August 1966 die beiden letzten Grubenpferde den Ruhrbergbau

1966
Technik

Ende des Einsatzes von Grubenpferden

Auf dem bisherigen Höhepunkt der Steinkohlenbergbaukrise wird am 23. November 1966 auf Anregung des Bundesverbandes der Deutschen Industrie im Einvernehmen mit der Bundesregierung und den Regierungen der Bergbauländer als Gemeinschaftsaktion der gewerblichen Wirtschaft die „Aktionsgemeinschaft deutsche Steinkohlenreviere GmbH" zur Erleichterung eines geordneten Zechenstilllegungsprozesses und zur Verbesserung der ökonomischen Situation in den deutschen Bergbauregionen gegründet

1966
Politik/Wirtschaft

Gründung der "Aktionsgemeinschaft deutsche Steinkohlenreviere GmbH"

Vor dem Hintergrund der sich zuspitzenden Kohlekrise präsentiert die Industriegewerkschaft Bergbau und Energie am 16. Dezember 1966 den "Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung einer Deutschen Ruhrkohlengesellschaft". Durch die Übertragung der Anteilsrechte aller bestehenden Bergwerksgesellschaften soll so auf privatrechtlicher Basis eine Einheitsgesellschaft – die "Deutsche Ruhrkohlen AG" – gegründet werden. Rund zwei Jahre später folgt die Gründung der Ruhrkohle AG

1966
Politik/Wirtschaft

Initiative der IGBE zur Bildung einer "Deutschen Ruhrkohlengesellschaft"

Am 22. und 23. März 1968 tagt in Bochum der erste Frauentag der Industriegewerkschaft Bergbau und Energie in Bochum. Rund 15 Jahre zuvor hatte Marlies Kutsch als erste weibliche Fachsekretärin der IG Bergbau die Frauenarbeit übernommen, die sie bis 1979 führte, bevor sie im Anschluss das Amt als erste Bundesbeauftragte für Frauenfragen im Bundesfamilienministerium und Leiterin des Arbeitsstabes Frauenpolitik antrat

1968
Politik/Wirtschaft

Erster Frauentag der IGBE

Mit dem "Gesetz zur Anpassung und Gesundung des deutschen Steinkohlenbergbaus und der deutschen Steinkohlenbergbaugebiete", dem sogenannten Kohlegesetz, vom 15. Mai 1968 erfolgt die Einsetzung eines dem Bundeswirtschaftsminister unterstellten Bundesbeauftragten, der darauf hinwirken soll, dass unter Berücksichtigung der gesamtwirtschaftlichen Belange und der besonderen sozialen und regionalwirtschaftlichen Verhältnisse der Steinkohlenbergbaugebiete die Bergbauunternehmen ihre Produktionskapazitäten auf die Absatzmöglichkeiten des deutschen Steinkohlenbergbaus ausrichten und die Steinkohlenbergwerke mit der nachhaltig stärksten Ertragskraft ihre Produktionskapazität ausnutzen können

1968
Politik/Wirtschaft

Kohlegesetz

Mit dem Ziel, einen übergeordneten Ansprech- und Verhandlungspartner für die Interessen des neu zu ordnenden Ruhrbergbaus zu schaffen, erfolgt am 27. November 1968 die Gründung der Ruhrkohle AG als zukünftiger Gesamtgesellschaft des Ruhrbergbaus. Am 18. Juli 1969 vollziehen schließlich bei der "Taufzeremonie", der Unterzeichnung des Grundvertrages, 20 Bergbau-Muttergesellschaften offiziell ihren Beitritt zur neuen Einheitsgesellschaft des Ruhrbergbaus, vier weitere Unternehmen werden durch Erwerb der Aktien bzw. des Vermögens durch die Ruhrkohle AG übernommen

1968
Politik/Wirtschaft

Geburt der Ruhrkohle AG

Unterzeichnung des Grundvertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland, den Bergbau-Altgesellschaften und der Ruhrkohle AG am 18. Juli 1969. Damit sind zunächst rund 175.000 Beschäftigte des Ruhrbergbaus auf 47 Schachtanlagen, in 28 Kokereien und 6 Brikettfabriken sowie gut 85 Prozent der Ruhrförderung unter dem gemeinsamen Dach der neuen Einheitsgesellschaft zusammengefasst

1969
Politik/Wirtschaft

Unterzeichnung des Grundvertrages

Im Zuge der gegründeten Ruhrkohle AG werden am 17. November 1969 unter dem Dach der Einheitsgesellschaft sieben regionale Betriebsführungsgesellschaften gebildet, die als 100-prozentige Tochtergesellschaften die Verantwortung für die Betriebe und die Produktion von Kohle, Koks und Briketts tragen. Zu den Betriebsführungsgesellschaften gehören die Bergbau AG Niederrhein, die Bergbau AG Oberhausen, die Bergbau AG Gelsenkirchen, die Bergbau AG Herne-Recklinghausen, die Bergbau AG Essen, die Bergbau AG Dortmund und die Bergbau AG Westfalen

1969
Politik/Wirtschaft

Gründung von sieben Betriebsführungsgesellschaften

Die Maschinenhalle der Zeche Zollern II/IV in Dortmund wird als erstes Industriegebäude in Deutschland unter Denkmalschutz gestellt

1969
Kultur

Erstes Industriegebäude unter Denkmalschutz

‘69